Sethanon

 

Plötzlich stand die Stadt unter Belagerung.

In der Woche, nachdem Arutha Sethanon hatte schließen lassen, war nichts passiert, dann, am achten Tag, hatten Wachen den Anmarsch von Murmandamus' Truppen gemeldet. Nach einer Weile hatte Guy gesagt: »Er wird sich nichts Besonderes einfallen lassen. Er wird uns einfach von allen Seiten zugleich angreifen. Dieses belanglose, kleine Mäuerchen wird kaum standhalten. Wenn uns nicht etwas einfällt, womit wir ihn bremsen können, wird er mit der ersten oder zweiten Angriffswelle in der Stadt sein.«

»Die Verteidigungsbarrieren, die wir errichtet haben, werden etwas bringen, doch nicht viel. Wir müssen uns auf unsere Männer verlassen«, meinte Arutha.

»Diejenigen, die wir in den Süden mitgebracht haben, sind eine harte Truppe«, bemerkte Amos. »Und vielleicht lernen die hiesigen Paradesoldaten noch das eine oder andere dazu.«

»Deshalb habe ich die Leute aus Hohe Burg auch zwischen den Soldaten von Sethanon verteilt. Dann können sie den anderen womöglich etwas zeigen.« Arutha klang nicht gerade hoffnungsvoll.

Guy schüttelte den Kopf, dann stützte er die Ellbogen auf die Mauer und legte das Kinn in die Hände. »Zwölfhundert erfahrene Männer, darunter auch die Verwundeten, haben die Stadt erreicht. Dreitausend Soldaten der Garnison, ein paar Mann Bürgerwehr und die Stadtwache - und die meisten haben noch nie etwas Schlimmeres als eine Wirtshausschlägerei erlebt. Wenn siebentausend Armengaren hinter zwanzig Meter hohen Mauern ihre Stadt nicht halten konnten, was kann dieser Haufen dann schon ausrichten?«

Arutha sagte: »Was sie eben ausrichten müssen.« Er sagte nichts weiter und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Feuer, die überall auf der Ebene brannten.

Der nächste Morgen dämmerte, der Tag wurde wieder zur Nacht, und Murmandamus formierte noch immer seine Armee. Jimmy saß mit Locklear auf einem Strohballen in der Nähe einer Katapultstellung. Die beiden hatten zusammen mit den Junkern von Lord Humphry den ganzen Tag über Eimer mit Wasser und Sand zu den Belagerungsmaschinen geschleppt, damit ausreichend Mittel zum Löschen von möglichen Feuern vorhanden waren. Sie waren vollkommen erschöpft.

Locklear beobachtete das Meer der Fackeln und Lagerfeuer jenseits der Mauer. »Es sieht noch größer aus als das Heer vor Armengar. Als hätten wir überhaupt nichts bewirkt.«

Jimmy nickte. »Wir haben ihn hart getroffen. Er ist jetzt nur näher dran. Ich habe gehört, wie du Bas-Tyra gesagt hat, sie kämen alle in einer großen Welle.« Er schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »Locky, du hast in letzter Zeit gar nichts mehr über Bronwynn gesagt.«

Locklear betrachtete die Feuer auf der Ebene. »Was soll ich schon sagen? Sie ist tot, und ich habe um sie geweint. Es ist vorbei. Es macht keinen Sinn, länger darüber nachzudenken. In ein paar Tagen bin ich vielleicht selbst tot.«

Jimmy seufzte, lehnte sich an die innere Mauer und sah durch die Mauerzinnen hinaus auf das Heer vor der Stadt. Sein Freund hatte seinen Frohsinn verloren, seine Jugend und seine Unschuld, und Jimmy trauerte um diesen Verlust. Und er fragte sich, ob er selbst diese Jugend und diese Unschuld überhaupt jemals gekannt hatte.

Bei Anbruch der Dämmerung waren die Verteidiger bereit, sich den Angreifern entgegenzustellen. Doch wie er es auch in Armengar getan hatte, trat Murmandamus zuerst vor die Mauern. Reihen von Soldaten trugen die Banner der Verbündeten und Clans, die aufmarschiert waren, und dann öffneten sich die Linien, um den obersten Feldherrn durchzulassen. Er saß auf einem riesigen schwarzen Hengst, der von gleicher Pracht war wie das weiße Roß, welches er beim letzten Mal geritten hatte. Sein Helm war aus geätztem Silber, und er hielt ein schwarzes Schwert in der Hand. Sein Äußeres war nicht gerade beruhigend, doch er sprach mit leiser Stimme, die durch seine Künste überall zu hören war. Er wandte sich an jeden in der Stadt: »Oh, meine Kinder, haben sich auch manche von euch mir schon in den Weg gestellt, so bin ich noch immer bereit zu vergeben. Öffnet die Tore, dann gilt mein feierliches Gelöbnis: Jeder, der möchte, darf die Stadt verlassen und davonreiten, ohne verfolgt und getötet zu werden. Nehmt mit, was euch gefällt, Nahrung, Vieh, Reichtümer, und ich werde euch keine Hindernisse in den Weg legen.« Er winkte nach hinten, und ein Dutzend Moredhelkrieger ritten heran und hielten hinter ihm. »Ich werde euch sogar Geiseln bieten. Dieses hier sind meine treuesten Anführer. Sie werden ohne Waffen und ohne Rüstung mit euch kommen, bis ihr euch sicher in den Mauern jener Stadt befindet, die ihr zur Flucht gewählt habt. Ich verlange nur das eine. Öffnet mir die Tore. Sethanon muß mein werden!«

Auf der Mauer hatten die Kommandanten das Schauspiel mit angesehen. Amos murmelte: »Der Königliche Schweinepriester hat es schwer darauf abgesehen, die Stadt zu bekommen. Ich will verdammt sein, wenn ich ihm nicht fast geglaubt hätte. Man möchte meinen, er ließe uns davonreiten, wenn wir ihm diese verdammte Stadt überlassen würden.«

Arutha sah Guy an. »Ich würde ihm auch fast glauben. Ich habe noch nie gehört, daß die Dunklen Brüder Geiseln anbieten.«

Guy fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. Er wirkte besorgt und erschöpft, doch diese Müdigkeit rührte nicht vom Schlafmangel her, das lange Leiden hatte sie hervorgerufen. »Hier gibt es etwas, das er unbedingt haben will.«

Lord Humphry fragte: »Hoheit, kann man mit dieser Kreatur verhandeln?«

Arutha erwiderte: »Das ist Eure Stadt, Baron, doch sie gehört zum Königreich meines Bruders. Ich bin mir sicher, es würde ihn wenig erfreuen, wenn wir einfach Teile davon weggäben. So süß seine Worte auch klingen, nichts an ihm läßt mich glauben, daß er zu seinem Gelöbnis steht. Er würde diese Anführer ohne weiteres opfern. Er hat sich noch nie um Verluste geschert. Manchmal denke ich sogar, er mag Blut und Gemetzel. Nein, Guy hat recht. Er will nur so schnell es geht in die Stadt hinein. Und ich würde die Steuern eines ganzen Jahres geben, wenn ich wüßte, warum.«

Amos meinte: »Es scheint, seine Anführer sind mit dem Angebot auch nicht besonders glücklich, jedenfalls sehen sie nicht so aus.« Verschiedene Offiziere der Moredhel wechselten hinter Murmandamus' Rücken einige schnelle Sätze miteinander. »Ich finde auch, das Verhältnis zwischen den Dunklen Brüdern ist nicht das allerbeste.«

»Wollen wir es hoffen«, meinte Guy trocken.

Murmandamus' Pferd tänzelte herum, und der Kriegsherr rief: »Was also ist eure Antwort?«

Arutha stellte sich auf eine Kiste, damit sie ihn jenseits der Mauer besser sehen konnten. »Ich sage Euch, kehrt zurück in den Norden!« rief er. »Ihr habt Länder erobert, die Euch nicht wollen, und in diesem Moment sind Armeen gegen Euch im Anmarsch. Geht also in den Norden zurück, ehe die Pässe vom Schnee versperrt sind und Ihr einen kalten und einsamen Tod fern Eurer Heimat sterben müßt.«

Murmandamus fragte mit erhobener Stimme: »Wer spricht da für die Stadt?«

Einen Moment lang war Stille, dann rief Arutha: »Ich, Arutha conDoin, Prinz von Krondor, Thronfolger von Rillanon«, und dann fügte er einen Titel hinzu, den er eigentlich gar nicht innehatte: »Lord des Westens.«

Murmandamus stieß einen unmenschlichen Wutschrei aus, in dem noch etwas anderes - vielleicht Angst - mitschwang, und Jimmy stieß Amos an. Der frühere Dieb sagte: »Jetzt ist es raus. Und es gefällt ihm offensichtlich überhaupt nicht.«

Amos grinste nur und klopfte dem jungen Mann auf die Schulter. In den Reihen von Murmandamus erhob sich Gemurmel, und Amos meinte: »Hört sich an, als gefiele es der Armee auch nicht. Ein schlechtes Omen kann einen abergläubischen Haufen wie diesen ziemlich unterhöhlen.«

Murmandamus schrie: »Lügner! Falscher Prinz! Der Prinz von Krondor wurde ermordet, das ist allgemein bekannt. Weshalb verdreht Ihr die Wahrheit? Was wollt Ihr damit bezwecken?«

Arutha stellte sich noch höher, so daß seine Gesichtszüge deutlich zu sehen waren. Die Anführer ritten wirr umher und besprachen aufgeregt die neue Lage. Arutha hielt den Talisman hoch, den er vom Abt in Sarth bekommen hatte. »Mit diesem Talisman werde ich vor Euren Künsten geschützt.« Er reichte ihn Jimmy. »Jetzt kennt Ihr die Wahrheit.«

Murmandamus' ständiger Begleiter, der Schlangenpriester Cathos, rannte watschelnd nach vorn. Er zog am Steigbügel seines Meisters, zeigte auf Arutha und sprach ungeheuer schnell in der zischenden Sprache seines Volkes. Mit einem Wutschrei trat Murmandamus ihn zur Seite, und der Priester ging zu Boden. Amos spähte über die Mauer. »Ich glaube, das hat sie überzeugt.«

Die Anführer der Moredhel wirkten ärgerlich und gingen gemeinsam auf Murmandamus zu. Er schien zu merken, wie ihm die Sache aus den Händen glitt. Er drehte sich mit dem Pferd einmal im Kreis, wobei die Hufe des Schiachtrosses den am Boden liegenden Schlangenpriester am Kopf trafen und ihn bewußtlos schlugen. Murmandamus ignorierte den verletzten Verbündeten und die herankommenden Moredhelanführer. »Dann, du stinkender Gegner«, schrie er in Richtung Mauer, »soll dich der Tod in seine Arme nehmen!« Er drehte sich zu seiner Armee um und zeigte auf die Stadt. »Zum Angriff!«

Die Armee hatte zum Angriff bereitgestanden, und jetzt marschierte sie vorwärts. Die Anführer der Moredhel konnten den Befehl nicht mehr rückgängig machen. Ihnen blieb nur noch, zu ihren Clans zu reiten und dort das Kommando zu übernehmen. Langsam trabten die Reiter hinter der vorderen Reihe des Fußvolks voran, bereit, die Tore zu stürmen.

Murmandamus ritt zu seinem Kommandoposten zurück, indes die erste Reihe der Goblins über den Körper des bewußtlosen Schlangenpriesters hinwegmarschierte. Es war nicht zu erkennen, ob der Priester an dem Hufschlag gestorben war oder nicht, aber als die letzte Reihe über ihn getrampelt war, befand sich in seiner Robe nur noch ein blutiger Leichnam.

Arutha hob die Hand und zog sie wieder nach unten, als die erste Angriffsreihe in Reichweite der Katapulte war. »Hier«, sagte Jimmy und gab ihm den Talisman zurück. »Könnte sich noch als nützlich erweisen.«

Die Geschosse schlugen in das feindliche Heer ein, und die Soldaten taumelten, doch sie marschierten weiter. Bald rannten sie auf die Mauer zu, während ihnen Bogenschützen hinter Sturmwänden Deckung boten. Dann stürzten die ersten Krieger in die mit gespanntem Tuch und Dreck getarnten Gräben und wurden von feuergehärteten, gespitzten Pfählen aufgespießt. Andere warfen Schilde über ihre gestürzten Kameraden und rannten über die durchbohrten Leichen. Die zweite und dritte Reihe war ebenfalls dezimiert, doch andere drängten nach vorn, und Sturmleitern wurden an die Mauern gelehnt.

Die Schlacht um Sethanon hatte begonnen.

 

Die erste Welle wogte die Leitern hinauf und bekam das Feuer und den Stahl der Verteidiger zu spüren. Die Männer aus Hohe Burg übernahmen die Führung, sonst wären die unerfahrenen Soldaten der Stadt einfach hinweggefegt worden. Amos, de la Troville, du Masigny und Guy ordneten die Verteidiger und tauchten überall dort auf, wo sie gebraucht wurden.

Schon eine Stunde tobte die Schlacht und hielt sich immer auf Messers Schneide. Die Angreifer konnten kaum einen Fuß auf die Zinnen setzen, als sie schon wieder zurückgestoßen wurden. War eine Welle abgewehrt, schwappte aus einer anderen Ecke die nächste heran, und offensichtlich schien alles vom Schicksal abzuhängen, da beide Armeen gleich stark waren.

Dann wurde eine riesige Ramme, die auf einer Lichtung im Düsterwald gebaut worden war, herangerollt und auf das Südtor der Stadt ausgerichtet. Auch dort gab es Fallgruben und die flachen, mit Pfählen gespickten Gräben, und es wurden rasch Bohlen über die Gefallenen geworfen. Kein Wassergraben würde die Ramme aufhalten. Sie bestand aus einem Baumstamm, der gut drei Meter Durchmesser hatte, und sie rollte auf sechs riesigen Rädern. Vorne zog ein Dutzend Reiter, und hinten schoben zehn Riesen an langen Stangen. Die Ramme gewann immer mehr an Geschwindigkeit und rumpelte auf das Tor zu. Bald fielen die Pferde in scharfen Galopp, und die Reiter sprangen ab und suchten Schutz vor dem Pfeilhagel, der sie von der Mauer begrüßte. Die trägen Riesen wurden von Goblins abgelöst, deren Aufgabe nur darin bestand, die Maschine auf Geschwindigkeit und dem richtigen Kurs zu halten. Sie rollte auf das Außentor des Vorwerks zu, und die Verteidiger hatten keine Möglichkeit mehr, sie aufzuhalten.

Mit lautem Knall donnerte die Ramme in das Tor, und das Krachen des Holzes und das Knirschen der Angeln verkündete, daß in die Verteidigungsanlage eine Bresche geschlagen war. Die Flügel des Tores wurden in das Vorwerk hineingestoßen und zermalmt, als die Ramme darüber hinwegrollte. Dabei wurde die Spitze der Ramme abgelenkt, sie richtete sich auf und kam vor der rechten Wand des Vorwerks zum Stehen. Plötzlich hatten die Angreifer eine Möglichkeit, in die Stadt einzudringen. Goblins schwärmten über die schwankende Ramme und die zur Seite gedrückten Tore und erkletterten die Mauer des Vorwerks. Mit einem Mal verschob sich das Gleichgewicht der Kräfte.

Die Verteidiger auf dem Vorwerk wurden zurückgedrängt. Die Eindringlinge konnten auf das innere Tor klettern, und immer mehr Goblins und Moredhel schwärmten über die zufällig entstandene Rampe aus Toren und der Ramme nach oben. Arutha befahl eine Kompanie zur Verstärkung an die Stelle. Sie eilten dorthin, wo die ersten Goblins bereits den Hof vor dem Tor, welches ein schwerer Riegel verschloß, erreicht hatten. Vor dem Tor entbrannte nun ein grausamer Kampf, doch bald vertrieben die Bogenschützen der Moredhel die Verteidiger, trotz aller Unterstützung von den anderen Teilen der Mauer. Der Riegel wurde zur Seite geschoben. Doch in dem Moment erhob sich draußen vor der Stadt ein lautes Geschrei. Der Druck ließ nach, denn die Kämpfer spürten, daß etwas Eigenartiges im Anmarsch war. Dann richteten sich alle Augen auf den Himmel.

Ein Drache - seine Schuppen blitzten in der Sonne - senkte sich herab. Auf seinem Rücken konnte man drei Gestalten erkennen. Das riesige Tier stieß mit lautem Gebrüll hinab, als wollte es über die Angreifer vor dem Tor herfallen.

Die Goblins stoben nach allen Seiten auseinander.

 

Ryath breitete ihre Flügel aus und ging im Gleitflug auf die Angreifer hinunter. Tomas schwang das goldene Schwert. Die Drachendame stieß ihren Schlachtruf aus, und die Goblins unter ihr ergriffen die Flucht.

Tomas sah sich nach Murmandamus um, doch er sah nur ein Meer von Reitern. Dann umschwirrten ihn Pfeile. Sie prallten von den Schuppen des Drachen ab und richteten keinen Schaden an, doch der Prinzgemahl von Elvandar wußte, ein gutgezielter Schuß zwischen die überlappenden Schuppen oder ins Auge konnte den Drachen schwer verwunden. Er befahl Ryath, in die Stadt zu fliegen.

Der Drache landete auf dem Marktplatz in einiger Entfernung vom Tor. Arutha kam schon auf sie zugerannt, Galain folgte ihm. Pug und Tomas sprangen leichtfüßig nach unten, während Macros etwas gelassener hinunterkletterte.

Arutha ergriff Pugs Hand. »Wie schön, dich endlich wiederzusehen, vor allem zu diesem Zeitpunkt.«

Pug sagte: »Wir haben uns beeilt, doch wir wurden unterwegs aufgehalten.«

Tomas wurde zuerst von Galain begrüßt, und danach schüttelte Arutha ihm die Hand. Beide waren offensichtlich erleichtert, daß sie sich gesund und munter gegenüberstanden. Dann erblickte Arutha Macros: »So, Ihr lebt also auch noch?«

Macros erwiderte: »Scheinbar. Angenehm, Euch wieder einmal zu sehen, Prinz Arutha. Viel angenehmer, als Ihr Euch vielleicht vorstellen könnt.«

Arutha warf einen Blick auf die Spuren des Kampfes um sie herum. Aus den entfernteren Stadtteilen hörte man noch den Lärm der Schlacht, doch der Sturm auf das Tor war fürs erste beendet. »Ich weiß nicht, wie lange sie warten werden, bis sie das Vorwerk wieder angreifen.« Er sah die Straße hinunter zum Tor. »Ihr habt sie ziemlich erschreckt, und ich schätze, Murmandamus wird einigen Ärger mit seinen Offizieren haben, doch kaum genug, fürchte ich. Und ich glaube, ich kann sie nicht zurückhalten, wenn sie das nächste Mal eindringen.«

»Wir können Euch helfen«, sagte Pug.

»Nein«, bestimmte Macros.

Alle Augen richteten sich auf den Zauberer. Arutha sagte: »Pugs Magie könnte die von Murmandamus abwehren.«

»Hat er denn bisher irgendwelche Magie eingesetzt?«

Arutha dachte nach. »Nein, nicht seit Armengar.«

»Er wird es auch nicht tun. Er muß sie sich bis zu dem Moment aufsparen, in dem er die Stadt erobert hat. Und das Blutvergießen dient nur seinen Zwecken. Hier gibt es etwas, das er haben möchte, und wir müssen verhindern, daß er es bekommt.«

Ein Bote kam auf sie zugerannt. »Hoheit! Der Feind rüstet sich für den nächsten Angriff auf das Tor!«

Macros fragte: »Wer ist Euer Stellvertreter?«

»Guy du Bas-Tyra.«

Pug schien diese Mitteilung zu entsetzen, er sagte jedoch nichts. Macros meinte: »Murmandamus wird keine Magie einsetzen, es sei denn gegen Euch, Arutha, und deshalb müßt Ihr das Kommando über die Stadt an du Bas-Tyra übergeben und mit uns kommen.«

»Wohin geht Ihr?«

»An einen Ort hier in der Nähe. Wenn auch alles andere hier in Sethanon fällt, darf Murmandamus dennoch nicht Euer ganzes Reich zerstören. Das müssen wir verhindern. Diesen Triumph dürfen wir ihm nicht gönnen.«

Arutha dachte einen Augenblick nach. Dann sagte er zu Galain: »Überbringt diesen Befehl du Bas-Tyra. Er soll das Kommando übernehmen. Amos Trask wird sein Stellvertreter.«

»Wohin wird Eure Hoheit gehen?« fragte der Soldat.

Macros nahm Arutha beim Arm. »Er wird an einem Ort sein, wo ihn niemand erreichen kann. Wenn wir siegreich sind, werden wir uns alle wiedertreffen.« Er machte sich nicht die Mühe zu erklären, was geschähe, wenn sie geschlagen würden.

Sie eilten die Straße entlang, an verrammelten Türen vorbei, hinter denen die Bürger in der Sicherheit ihrer Häuser saßen. Ein vorwitziger Junge warf einen Blick aus einem Fenster im ersten Stock, doch als er Ryath durch die Straße laufen sah, riß er die Augen weit auf und warf das Fenster zu. Von den Mauern hörten sie Kampflärm. Macros drehte sich um und sah den Prinzen an. »Was Ihr jetzt sehen, hören und erfahren werdet, muß für immer ein Geheimnis bleiben. Außer Euch, dürfen nur der König und Euer Bruder Martin die Dinge wissen, die ich Euch zeigen werde - und Eure Erben.« Trocken fügte er hinzu: »Wenn Ihr welche habt. Schwört es!« Das klang nicht wie eine Bitte.

Arutha sagte: »Ich schwöre.«

Macros sagte: »Tomas, Ihr müßt die Stelle finden, an der der Stein des Lebens liegt, und Pug, Ihr müßt uns dort hinbringen.«

Tomas sah sich um. »Zeitalter sind seitdem vergangen. Nichts ähnelt mehr ...« Er schloß die Augen und schien in eine Art Trance zu verfallen. Dann sagte er: »Ich spüre ihn.«

Ohne die Augen zu öffnen, sagte er: »Pug, kannst du uns ... dorthin bringen!« Er zeigte nach unten, unter die Mitte der Stadt. Nun schlug er die Augen auf. »Er ist unter der Festung.«

Pug sagte: »Kommt, faßt Euch an den Händen.«

Tomas sah den Drachen an: »Du hast alles getan, was du konntest. Ich danke dir.«

Ryath erwiderte: »Noch ein weiteres Mal werde ich denn mit Euch kommen.« Sie warf dem Zauberer einen Blick zu. »Wohl mit Sicherheit kenne ich das Schicksal, welches mir beschieden ist. Ich spüre nun nicht die Notwendigkeit, ihm auszuweichen.«

Pug blickte seine Gefährten an und fragte: »Was meint sie?« Arutha sah genauso verwirrt aus.

Macros antwortete nicht. Tomas sagte: »Du hast es uns noch nicht erzählt.«

»Es gab keinen Grund dafür, mein Freund Tomas.«

Macros unterbrach das Gespräch. »Wir können darüber sprechen, wenn wir erst den Ort unserer Bestimmung erreicht haben. Ryath, wenn wir stehengeblieben sind, komm zu uns.«

Tomas meinte: »Die Halle wird groß genug sein.«

»So werde ich kommen.«

Pug verdrängte seine Verwirrung und nahm Aruthas Hand. Seine andere Hand ergriff Tomas, und Macros vervollständigte den Kreis. Dann wurden sie durchsichtig.

Sie sanken, und einige Zeit gab es kein Licht. Tomas wies Pug den Weg mit Hilfe der Gedankensprache. Nach langen Minuten in der Dunkelheit sagte Tomas laut: »Wir sind in einem Raum.«

Sie wurden wieder fest, und unter ihren Füßen spürten sie kalten Stein. Pug machte Licht. Arutha sah auf. Sie waren in einer riesigen Halle, die mehr als hundert Fuß in jede Richtung maß, die Decke war zweimal so hoch. Um sie herum erhoben sich Säulen, und neben den Ankömmlingen stand ein hohes Podest.

Dann erschien plötzlich der Drache an der Decke und brachte die Luft in der Halle in Bewegung. Ryath sagte: »Es ist fast Zeit.«

Arutha fragte: »Wovon redet der Drache?« In den beiden letzten Jahren war er so vielen Wunder begegnet, daß ihn der Anblick eines sprechenden Drachen kaum beeindruckte.

Tomas sagte: »Wie alle Großen Drachen kennt Ryath den Zeitpunkt, an dem sie sterben muß. Und der ist nicht mehr fern.«

Der Drache sagte: »Derweil wir zwischen den Welten reisten, war es mir unmöglich zu sterben, aus Gründen, die mit Euch und Euren Freunden zusammenhängen. So ist nun klar, die Rolle, die in diesem Spiele ich zu spielen anfing, muß ich denn zu Ende bringen, ist doch das Schicksal Eures Volkes, Valheru, untrennbar mit dem des unseren verbunden.«

Tomas nickte nur. Pug sah sich in der Halle um und fragte: »Wo ist der Stein des Lebens?«

Macros zeigte auf das Podest. »Dort.«

Pug entgegnete: »Dort ist nichts.«

»Für gewöhnliche Augen«, sagte Tomas. Er fragte Macros: »Wo sollen wir warten?«

Macros schwieg einen Moment, dann antwortete er: »Jeder auf seinem Platz. Pug, Arutha und ich müssen hier warten. Ihr und Ryath müßt Euch einen anderen Ort suchen.«

Tomas nickte. Er hatte verstanden und benutzte seine Magie, um sich auf den Rücken des Drachens zu heben. Dann verschwanden die beiden mit einem Donnerschlag.

Arutha fragte: »Wo sind sie hin?«

»Er ist noch hier«, antwortete Macros. »Doch er befindet sich ein wenig neben unserer Zeit - genauso wie der Stein des Lebens. Er bewacht ihn, als letzte Bastion, die das Leben auf diesem Planeten beschützen kann, denn sollten wir versagen, kann nur er allein die völlige Zerstörung von Midkemia verhindern.«

Arutha sah zuerst Macros an, dann Pug. Er ging zu dem Podest und setzte sich. »Ich glaube, Ihr solltet mir lieber ein paar Dinge erzählen.«

 

Guy gab das Zeichen, und auf die Goblins, die das Tor stürmten, ging ein Hagel von Pfeilen nieder. In einem Augenblick starben ganze hundert. Doch die entfesselte Flut war nicht mehr aufzuhalten. Du Bas-Tyra schrie Amos zu: »Bereit machen zum Rückzug! Ich möchte anständige Rückzugsgefechte bis zur Festung. Jeder, der davonrennt, soll vom befehlshabenden Feldwebel getötet werden.«

Amos sagte: »Hart, hart«, doch er hatte nichts gegen den Befehl einzuwenden. Die Verteidigung war kurz davor, zusammenzubrechen, und die unerfahrenen Soldaten waren am Rande der Panik. Zu einem geordneten Rückzug konnte man sie nur bewegen, wenn man ihnen mehr Angst einflößte, als sie vor dem Feind hatten. Amos warf einen Blick hinter sich: Die Bevölkerung der Stadt floh zur Festung. Die ganze Zeit über hatte man sie von den Straßen ferngehalten, damit diese für die Truppen, die sich in der Stadt schnell hin und her bewegen mußten, frei waren. Jetzt hatte man ihnen den Befehl erteilt, ihre Häuser zu verlassen. Amos hoffte, sie würden aus dem Weg sein, ehe der Rückzug von der Mauer begann.

Jimmy rannte durch das Kampfgetümmel dorthin, wo Galain, Amos und Guy standen. Er schrie: »De la Troville braucht Verstärkung. Er wird an der rechten Flanke hart bedrängt.«

Guy antwortete: »Er wird keine bekommen. Wenn ich hier jemanden abziehe, werden sie die Stadt überfluten.« Die Goblins waren erneut durch die Bresche im Außentor eingedrungen und hatten die Mauern des Vorwerks erklommen. Die Salven der Moredhelbogenschützen zu ihrer Deckung waren mörderisch. Jimmy wollte wieder loslaufen, doch Guy hielt ihn fest. »Es ist schon ein Kurier unterwegs, der den Befehl zum Rückzug auf Kommando verbreitet. Du wirst de la Troville nicht mehr rechtzeitig erreichen. Bleib hier.«

Jimmy nickte und hielt sein Schwert kampfbereit. Dann hatte er plötzlich einen Goblin vor sich. Er schlug zu, die blauhäutige Kreatur fiel, und gleich darauf trat der nächste Goblin an ihre Stelle.

 

Tomas sah nach unten. Seine Freunde waren verschwunden, doch er wußte, sie waren noch immer am selben Ort, nur durch eine leichte Zeitverschiebung von ihm getrennt. Ashen-Shugar hatte versucht, die Stadt von Draken-Korin zu verstecken, und dazu gehörte auch, daß er sie in einen anderen Zeitrahmen verfrachtet hatte. Er betrachtete die weite Halle, in der die Valheru ihren letzten Rat abgehalten hatten, dann sah er sich den riesigen, grün glühenden Stein an, der mit jedem Lebewesen auf diesem Planeten in Kontakt stand. Er dachte über die Wichtigkeit seines Tuns nach und beruhigte sich. Er spürte die Stimmung des Drachen, eine Willenlosigkeit gegen das, was das Schicksal brachte, doch keine Niedergeschlagenheit, keine Selbstaufgabe. Der Tod mochte kommen, aber er konnte auch den Sieg bedeuten. Tomas fühlte sich bei diesem Gedanken sicherer.

 

Arutha nickte. »Ihr habt mir gesagt, er sei wichtig. Jetzt sagt mir, warum.«

»Er wurde für den Tag zurückgelassen, an dem die Valheru zurückkehren. Sie hatten begriffen, daß die Götter aus der Materie der Welt gemacht waren, zum Teil aus der von Midkemia. Draken-Korin war der Schlaueste seines Geschlechts. Er wußte, die Macht der Götter hing von der Art ihrer Beziehung zu anderen Lebewesen ab. Der Stein des Lebens ist die wirkungsvollste Reliquie auf dieser Welt. Wenn er benutzt wird, kann er jeder Kreatur die Kraft entziehen und sie seinem Besitzer zuführen. Damit können die Valheru wieder in diese Zeit und diesen Raum eindringen. Der Stein würde sie mit einer Kraft versorgen, der niemand widerstehen könnte, und gleichzeitig würde er den Göttern die Quelle ihrer Macht entziehen. Unglücklicherweise wäre dann auch alles Leben auf diesem Planeten vernichtet. In einem einzigen Augenblick wäre alles tot, was geht, fliegt, schwimmt, kriecht; Insekten, Fische, Pflanzen, alle Lebewesen auf Midkemia, egal wie klein oder groß.«

Arutha war verblüfft. »Aber was wollen die Valheru auf einem toten Planeten?«

»Sind sie erst einmal wieder in diesem Universum, können sie mit anderen Welten Krieg führen und Sklaven, Vieh und Pflanzen, Leben in allen Formen, auf diese Welt bringen. Sie kümmern sich nicht um die Lebewesen hier, sie denken nur an sich selbst. Die Valheru betrachten die Dinge so: alles darf zerstört werden, wenn es ihren Zwecken dient.«

»Dann werden Murmandamus und die angreifenden Moredhel also auch sterben«, sagte Arutha.

Macros dachte nach. »Das ist eine der Sachen, die mich verwirren, denn damit Murmandamus den Stein des Lebens benutzen kann, muß er in sehr geheimes Wissen eingeweiht sein. Vielleicht weiß er nicht, daß er sterben muß, wenn er das Portal öffnet. Die Pantathianischen Schlangenpriester kann ich noch verstehen. Seit den Chaoskriegen haben sie sich nur damit beschäftigt, ihre Herrscherin zurückzuholen, die Smaragdgrüne Herrin der Schlangen, die sie als Göttin verehren. Sie pflegen einen Kult des Todes und glauben, mit ihrer Rückkehr würden sie zu einer Art Halbgötter. Sie gehen freiwillig in den Tod. Doch solch ein Verhalten ist für einen Moredhel ungewöhnlich. Deshalb verstehe ich die Beweggründe von Murmandamus nicht, es sei denn, er hätte andere Garantien erhalten. Ich kann mir nicht vorstellen, welche das sein sollten, und ich weiß auch nicht, warum diese Schreckenswesen eingesetzt werden, weil die schließlich nicht mit den anderen verschwinden. Wenn die Valheru sie auf dieser Welt nicht mehr haben wollen, wird es ihnen schwerfallen, sie loszuwerden. Die Schreckenslords sind mächtig, und aus diesem Grund wundere ich mich über dieses Bündnis.« Macros seufzte. »Es gibt noch so viele Dinge, die wir nicht wissen. Und jedes davon könnte unseren Untergang bedeuten.«

Arutha sagte: »Bei all dem gibt es noch etwas, das ich nicht verstehe. Dieser Murmandamus ist ein Erzmagier oder so etwas. Wenn er hierherkommen muß, warum nimmt er nicht einfach die Gestalt eines Menschen an, schleicht sich nach Sethanon hinein und erreicht diesen Ort unbemerkt? Warum läßt er seine ganze Armee marschieren? Warum diese Zerstörung?«

Macros antwortete: »Das liegt in der Natur des Steins des Lebens. Damit Murmandamus den richtigen Zeitrahmen erreichen und den Valheru das Tor öffnen kann, braucht er eine riesige magische Kraft. Murmandamus ernährt sich vom Tod.« Arutha nickte. Er erinnerte sich an eine Bemerkung von Murmandamus, als dieser bei ihrer ersten Begegnung in Krondor durch einen Toten mit Arutha gesprochen hatte. »Er saugt Kraft aus den Toten. Tausende, ob sie nun in seinen Diensten standen oder nicht, sind gestorben. Brauchte er seine Kraft nicht zum Öffnen des Portals, hätte er die Mauern der Stadt wie Späne zur Seite blasen können. Aber es kostet ihn schon eine Menge Kraft, nur sich selbst gegen Verwundungen zu schützen. Nein, er braucht den Krieg, um die Valheru zurückzuholen. Solange er diese Halle erreicht, ist es ihm egal, ob alle seine Soldaten bis auf den letzten Mann sterben. Jetzt müssen wir den Eintritt seiner Meister in dieses Universum verhindern.« Er stand auf. »Arutha, Ihr müßt Euch gegen weltliche Angriffe schützen.« Er wandte sich an Pug und sagte: »Wir müssen ihm helfen, denn sein Gegner wird sich als überaus mächtig erweisen: Höchstwahrscheinlich wird Murmandamus persönlich in diese Halle kommen.«

Pug nahm Macros an der Hand und sah zu, wie der Zauberer den Ishapianischen Talisman ergriff. Arutha nickte, und Macros nahm ihn dem Prinzen vom Hals. Macros Schloß die Augen, und Pug fühlte, wie seine eigenen Kräfte von einem anderen benutzt wurden, ein abermals neues und erschreckendes Gefühl. Was auch immer für Fähigkeiten er hatte, im Vergleich zu denen von Macros waren sie nichts. Dann sahen Arutha und Pug, wie der Talisman zu glühen begann. Leise sagte Macros: »Hier ist Macht.« Er öffnete die Augen. »Streckt mir Euer Schwert entgegen.«

Arutha tat, wie ihm geheißen, und hielt das Schwert mit dem Heft nach vorn. Macros ließ Pugs Hand los und hielt den Talisman, einen kleinen Hammer, auf die Seite der Klinge. Dann schloß er sanft die Hände um Klinge und Hammer. »Pug, ich habe die Fähigkeit, aber ich brauche Eure Kraft.« Pug nahm Macros' Hand, und der Zauberer benutzte abermals die Magie des jüngeren, um seine verminderte Macht zu stärken. Macros' Hand begann in einem warmen, gelb- orangenen Licht zu glühen, und sie hörten ein Zischen, als von der Hand des Zauberers Rauch aufstieg. Arutha spürte, wie die Klinge warm wurde.

Nach wenigen Augenblicken verschwand das Glühen, und Macros' Hand öffnete sich. Arutha betrachtete die Klinge. Der Talisman war mit der Klinge verschmolzen und erschien nun wie eine hammerförmige Gravur auf der Seite. Der Prinz blickte erst Macros und dann Pug an.

»Diese Klinge besitzt jetzt die Kraft des Talismans. Sie wird dich vor allen Angriffen magischer Natur schützen. Sie kann die Kreaturen des Dunklen verwunden und töten und selbst die Schutzzauber von Murmandamus durchbohren. Doch die Kraft des Schwertes ist nur so groß, wie die Willensstärke des Mannes, der es führt. Mangelt es Euch an Entschlossenheit, werdet Ihr fallen. Haltet Euch standhaft, und Ihr werdet siegen. Daran denkt stets.

Kommt, Pug, wir sollten uns bereit machen.«

Arutha beobachtete die beiden Zauberer, den alten in der braunen Robe und den jungen in der schwarzen Robe der Erhabenen von Tsurani. Die beiden standen sich neben dem Podest gegenüber. Sie ergriffen sich bei den Händen und schlossen die Augen. Eine beunruhigende Stille senkte sich über die Halle. Nach einem Augenblick wandte Arutha seine Aufmerksamkeit von den beiden Magiern ab und sah sich den Raum genau an. Die Halle war in keiner Weise verziert. Eine Tür, die in Hüfthöhe in der Wand saß, schien der einzige Eingang zu sein. Er zog sie auf und schaute hinein: In der benachbarten Kammer lagen Gold und Edelsteine. Er lachte in sich hinein. Alte Schätze, Reichtümer der Valheru, und er würde alles dafür geben, wenn nur Lyams Armee am Horizont auftauchen würde. Nachdem er einen Moment lang in den Schätzen herumgewühlt hatte, setzte er sich und wartete. Abwesend warf er einen Rubin von der Größe einer Pflaume in die Luft, fing ihn wieder auf und wünschte sich, er hätte eine Ahnung, wie es seinen Gefährten in der Schlacht um Sethanon erging.

 

»Jetzt!« rief Guy, und die Kompanie bei ihm begann sofort mit dem Rückzug vom Vorwerk, während die Trompeter hinter ihm noch das Signal bliesen. Es wurde in allen Teilen der Stadt beantwortet, und die Mauer wurde so geordnet wie möglich den Angreifern überlassen. Schnell suchten die Verteidiger hinter den ersten Häusern Deckung, während die Bogenschützen der Moredhel ihren Blutzoll eintrieben.

Kompanien von Bogenschützen aus Sethanon erwiderten die Salven über die Köpfe der Soldaten hinweg, die sich rückwärts kämpften; eine wilde Flucht wurde nur durch den außergewöhnlichen Gehorsam aller verhindert.

Guy zog Jimmy und Amos mit sich und beobachtete über die Schulter, wie seine Abteilung weiter zurückwich. Galain und drei weitere Bogenschützen boten ihnen Deckung. Als die erste Reihe der Angreifer die nächstgelegene größere Kreuzung erreicht hatte, brach aus einer Seitenstraße eine Kompanie Reiter hervor. Die Kavallerie von Sethanon, unter dem Befehl von Lord Humphry trampelte die Eindringlinge nieder. Einige Minuten lang wurden die Angreifer hingemetzelt, bis sie sich auf dem Weg, den sie gekommen waren, zurückzogen.

Guy winkte Humphry zu sich. »Sollen wir sie jagen, Guy?«

»Nein, sie werden sich bald wieder ordnen. Befehlt Euren Männern, sie sollen zum Stadtrand reiten und denjenigen, die es nötig haben, Schutz bieten. Ansonsten sollen sich alle so schnei] wie möglich zur Festung zurückziehen. Ich wünsche keine Heldentaten.«

Der Baron bestätigte die Befehle, und Guy meinte: »Humphry, sagt Euren Männern, sie hätten gute Arbeit geleistet. Sehr gute!« Der stämmige kleine Baron schien neu aufzuleben und salutierte zackig, dann ritt er davon, um seinen Reitern die Befehle zu überbringen.

Amos sagte: »Das kleine Eichhörnchen zeigt Zähne.«

»Er ist tapferer, als er aussieht«, erwiderte Guy. Er überblickte rasch die Lage und winkte seine Leute zurück. Einen Moment später rannten alle auf die Festung der Stadt zu.

Sie erreichten den Platz vor der Festung und liefen zum Tor. Der äußere Zaun diente allenfalls der Zierde, war er doch nur ein Gitter aus Eisenstäben, das sofort niedergerissen werden würde, doch die alte Festung sah nicht so aus, als wäre sie leicht zu erstürmen. Zumindest hoffte Guy das. Von der ersten Brustwehr aus verschafften sie sich einen Überblick über das Kampfgetümmel, und Guy schickte Galain los, damit er in Erfahrung brächte, ob alle Kommandanten in Sicherheit waren. Als der Elb gegangen war, sagte er: »Nun, wenn ich nur wüßte, wohin Arutha verschwunden ist.«

Jimmy fragte sich das gleiche. Und er fragte sich auch, wo Locklear war.

 

Locklear duckte sich hinter der Mauer, bis ihm der Troll den Rücken zuwandte. Das schreiende Mädchen, das den Troll abgelenkt hatte, war nicht älter als sechzehn, und die anderen beiden Kinder waren noch jünger. Der Troll langte nach dem Mädchen, und Locklear sprang los und rammte ihm von hinten das Schwert durch den Leib. Ohne ein Wort zu sagen, faßte er das Mädchen am Handgelenk, und die beiden anderen Kinder folgten.

Sie eilten auf die Festung zu, doch der Junker blieb stehen, als quer zu ihrem Weg eine Gruppe Reiter zum Rückzug gezwungen wurde. Locklear sah, daß Baron Humphry als letzter das Kampfgetümmel verließ. Das Pferd des Barons stolperte, und ein Troll riß Humphry aus dem Sattel. Der stämmige kleine Herrscher von Sethanon schlug mit dem Schwert zu und machte zwei seiner Gegner nieder, ehe er schließlich von den Goblins überwältigt wurde. Locklear zog das verängstigte Mädchen und seine Freunde in ein verlassenes Wirtshaus. Drinnen suchte er solange, bis er die Falltür in den Keller gefunden hatte. Er öffnete sie und sagte: »Schnell, und seid leise!«

Die Kinder gehorchten, und er folgte ihnen hinunter. In der Dunkelheit tapste er herum, bis er eine Lampe und Zündhölzer gefunden hatte. Kurze Zeit später hatten sie Licht. Er sah sich um; währenddessen drang der Kampflärm von der Straße gedämpft zu ihnen herab. Locklear zeigte auf zwei große Fässer, und die Kinder duckten sich eilig dahinter. Er rollte noch ein Faß davor. Dann nahm er sein Schwert und die Lampe, kletterte über die Fässer und setzte sich zu den anderen.

»Warum seid ihr denn auf der Straße herumgelaufen?« flüsterte er vorwurfsvoll. »Der Befehl für die Bürger wurde schon vor einen halben Stunde erteilt.«

Das Mädchen sah ängstlich aus, sprach jedoch ruhig. »Meine Mutter hat uns im Keller versteckt.«

Locklear starrte sie ungläubig an. »Wieso?«

Das Mädchen blickte ihn verwirrt an und meinte: »Die Soldaten.«

Locklear fluchte. Die Sorge einer Mutter um die Unschuld ihrer Tochter konnte ihre drei Kinder jetzt das Leben kosten. Er sagte: »Nun, sie will dich wohl lieber tot als entehrt sehen.«

Das Mädchen fuhr zusammen. »Sie ist tot. Die Trolle haben sie umgebracht. Sie hat mit ihnen gekämpft, während wir weggelaufen sind.«

Locklear schüttelte den Kopf und wischte sich die schweißnasse Stirn mit dem Handrücken ab. »Tut mir leid.« Er betrachtete ihr Gesicht einen Moment lang und bemerkte, daß sie schön war. »Tut mir wirklich leid.« Er schwieg, dann fügte er hinzu. »Ich habe auch jemanden verloren.«

Aus dem Raum über ihnen hörten sie einen Rums, und das Mädchen erstarrte, riß die Augen vor Furcht auf und biß sich in die Hand, damit sie nicht schrie. Die beiden kleineren Kinder drückten sich aneinander, und Locklear flüsterte: »Keinen Ton!« Er legte dem Mädchen den Arm um die Schulter und blies die Lampe aus.

Der Keller versank in Dunkelheit.

 

Guy befahl, das innere Tor der Festung zu schließen, und beobachtete, wie jene, die zu langsam zurückwichen, um es noch zu erreichen, von der heranstürmenden Horde niedergemacht wurden. Bogenschützen schossen von der Brustwehr, und alles, was vorhanden war, wurde den Angreifern entgegengeschleudert: heißes Wasser, heißes Öl, Steine, schwere Möbel - ein letzter, verzweifelter Versuch, dem Ansturm zu widerstehen.

Dann hörte man aus dem Rücken der Angreifer einen Ruf, und Murmandamus ritt heran, wobei er keine Rücksicht darauf nahm, ob er seine eigenen Soldaten niedertrampelte. Amos, Guy und Jimmy warteten darauf, daß die ersten Sturmleitern angesetzt wurden. Er warf einen Blick auf den eilig herannahenden Anführer der Moredhel und meinte: »Der Mistkäfer will anscheinend keine Zeit mehr verlieren, was? Er geht nicht gerade nett mit den armen Kerlen um, die ihm im Weg stehen.«

Guy rief: »Bogenschützen, dort steht euer Ziel!« Ein Hagel von Pfeilen ging über dem breitschultrigen Moredhel nieder. Mit lautem Wiehern brach das Pferd zusammen, und der Reiter fiel herunter und kugelte über den Boden. Er sprang unverletzt auf die Füße und zeigte auf die Tore der Festung. Ein Dutzend Moredhel und Goblins rannte vor und starb in den Pfeilen der Bogenschützen. Die meisten Bogenschützen konzentrierten sich jetzt auf den Anführer der Moredhel, doch niemand konnte ihn verwunden. Die Pfeile prallten von einer unsichtbaren Barriere ab.

Dann wurde ein Rammbock herbeigeschleppt, und Dutzende von Angreifern ließen ihr Leben, während er in Stellung gebracht wurde. Bogenschützen der Moredhel gaben Deckung, und ein rhythmisches Pochen begann.

Guy hatte sich mit dem Rücken an die Mauer gelehnt, derweil die Pfeile der Moredhel ohne Ende über ihn hinwegflogen. »Junker«, sagte er zu Jimmy, »lauf nach unten und sieh nach, ob de la Troville seine Kompanie gesammelt hat. Er soll sich am inneren Tor bereithalten. Ich glaube, wir haben kaum mehr zehn Minuten, bis sie drinnen sind.« Jimmy lief davon, und Guy sagte zu Amos: »Nun, alter Pirat ... wir haben ihnen einen anständigen Kampf geliefert.«

Amos hockte sich neben Guy und nickte. »Keine Frage. Wenn man genau drüber nachdenkt, haben wir alles genau richtig gemacht. Mit ein bißchen mehr Glück hier und da hätten wir ihn erwischt.« Amos seufzte. »Nun, man soll sich nicht mit den Sachen von gestern aufhalten, sage ich immer. Kommt, wir wollen doch noch einigen dieser elenden Landratten die Schwänze abschneiden.« Er sprang auf und schnappte sich einen der Goblins, die gerade auf die Mauer stiegen, an der Kehle. Von unten hatte der Angreifer keine Verteidiger mehr gesehen, und plötzlich war Amos da und drückte ihm die Kehle zu. Mit einem Ruck zermalmte er den Kehlkopf, und warf den Goblin über die Mauer zurück nach unten, wobei der Angreifer noch drei seiner Kameraden mit sich riß. Amos stieß die Leiter von der Mauer ab, während Guy den nächsten Goblin, der durch eine Mauerzinne stieg, mit dem Schwert erschlug.

Amos erstarrte und keuchte, dann sah er an sich hinunter und entdeckte einen Pfeil in seiner Seite. »Verdammt!« fluchte er, eher so, als wäre er nur erstaunt. Der nächste Goblin kletterte auf die Mauer und schlug mit dem Schwert zu. Bei dem Treffer drehte sich Amos fast um sich selbst. Die Knie des früheren Kapitäns zitterten, und er sank auf die Steine. Guy trennte dem Goblin mit einem gewaltigen Schlag den Kopf vom Rumpf.

Er kniete neben Amos nieder und meinte: »Habe ich Euch nicht gesagt, Ihr sollt Euren verdammten Kopf einziehen.«

Amos lächelte ihn an. »Nächstes Mal höre ich besser zu«, sagte er gebrochen, dann fielen ihm die Augen zu.

Guy fuhr herum, als der nächste Goblin auf der Mauer erschien, und mit einen aufwärtsgeführten Hieb riß er ihm den Bauch auf. Der Protektor von Armengar, einst Herzog von Bas-Tyra, schlug nach rechts und links und brachte jedem Goblin, Troll oder Moredhel, der in seine Nähe kam, den Tod. Doch in die äußere Mauer der Festung war eine Bresche geschlagen worden, und mehr und mehr Angreifer schwärmten herein. Guy bemerkte, wie er immer stärker bedrängt wurde. Die anderen hörten den Befehl zum Rückzug und eilten die Treppe hinunter, um sich in die große Halle zurückzuziehen, doch Guy stand mit gezücktem Schwert neben seinem gefallenen Freund und wich keinen Fußbreit zur Seite.

 

Murmandamus schritt über die Körper seiner eigenen Soldaten hinweg; die Schreie der Sterbenden und Verwundeten um ihn herum kümmerten ihn nicht. Er betrat das Vorwerk der Festung und ging an dem zerschmetterten äußeren Tor vorbei. Mit einer knappen Kopfbewegung befahl er seinen Soldaten, den Rammbock weiterzuschieben und mit dem Sturm auf das innere Tor zu beginnen. Er stand an der Seite, während sie auf das Tor einschlugen und ihre Kameraden die Bogenschützen von Sethanon von den Mauern vertrieben. Einen Moment lang beschäftigten sich alle im Vorwerk nur mit der splitternden Tür, und Murmandamus trat zurück in den Schatten und lachte still über die Torheit der anderen Kreaturen. Mit jedem Toten hatte er mehr Kraft gewonnen, und jetzt war er bereit.

Ein Anführer der Moredhel kam angelaufen und suchte seinen Meister. Er brachte Nachrichten über die Kämpfe in der Stadt. Zwei rivalisierende Clans der Moredhel waren bei der Plünderung in Streit geraten, und eine Gruppe Verteidiger war deshalb der sicheren Vernichtung entgangen. Die Anwesenheit des Meisters wurde gebraucht, um wieder Ordnung herzustellen. Der Moredhel schnappte sich einen Untergebenen und fragte ihn, wo Murmandamus stecke. Der Goblin deutete dorthin, wo er ihn eben noch hatte stehen sehen, und der Moredhel schob den Goblin fort, denn die dunkle Ecke, in die der Soldat gezeigt hatte, war leer. Der Goblin rannte vorwärts, um am Rammbock einen Gefallenen zu ersetzen, während der Moredhel weiter nach seinem Meister suchte. Er fragte herum, und alle sagten, daß Murmandamus verschwunden sei. Der Moredhel fluchte und eilte zurück in das Stadtviertel, wo sein Clan kämpfte. Er mußte ihnen neue Befehle erteilen.

 

Pug hörte in seinen Gedanken Macros' Stimme. Sie versuchen durchzubrechen.

Pugs und Macros' Denken war so fest miteinander verbunden, wie es Pug in seinem Leben noch nicht erlebt hatte. Er kannte den Zauberer, er verstand ihn, er war eins mit ihm. Er erinnerte sich an Dinge aus dem langen Leben des Zauberers, ferne Länder mit fremdartigen Bewohnern und die Geschichte von Welten in anderen Universen; all das war auf einmal seins. Und das magische Wissen ebenfalls.

Vor seinem inneren Auge konnte er den Ort sehen, in den der Feind eindringen wollte. Er existierte zwischen ihrer körperlichen Welt und dem Ort, an dem Tomas wartete, es war der Saum zwischen zwei Zeitrahmen. So etwas wie ein Geräusch wurde lauter, etwas, das er nicht wirklich hören, aber fühlen konnte. Er spürte eine Art Druck, als die, die in diese Welt eindringen wollten, zum letzten Sturm bliesen.

 

Arutha erstarrte. Gerade hatte er noch Pug und Macros beobachtet, die wie Statuen dastanden, dann war plötzlich noch jemand in der großen Halle. Aus dem Schatten löste sich die Gestalt des riesigen Moredhel, dessen Gesicht gleichzeitig Schönheit ausstrahlte und Schrecken verbreitete, als er seinen schwarzen Drachenhelm abnahm. Seiner Rüstung entledigt, zeigte seine Brust das drachenförmige Mal seiner Geburt. In der Hand hielt er ein schwarzes Schwert. Er richtete den Blick auf Pug und Macros und ging langsam auf sie zu.

Arutha trat hinter einer Säule hervor und stand zwischen Murmandamus und den beiden regungslosen Magiern. Er hatte sein Schwert gezückt. »Nun, Kindermörder, hier habt Ihr Eure Chance.«

Murmandamus zögerte und riß die Augen auf. »Wie -« Dann grinste er. »Ich danke dem Schicksal, Lord des Westens. Jetzt gehört Ihr mir.« Er zeigte mit dem Finger auf Arutha, und von der Spitze löste sich ein silberner Blitz, der jedoch vom Schwert des Prinzen angezogen wurde und wie weißglühendes Feuer mit heißer Wut auf der Klinge tanzte. Arutha berührte mit der Schwertspitze den Boden. Das Feuer erlosch.

Abermals riß der Moredhel die Augen weit auf, und mit einem Wutschrei auf den Lippen sprang er auf Arutha zu: »So lasse ich mich nicht abspeisen.«

Arutha konnte knapp einem erstaunlich brutalen Hieb ausweichen, und die schwarze Klinge schlug funkenstiebend auf die Steine. Wahrend er einen Schritt zurück machte, schlug er selbst zu und erwischte den Moredhel am Arm. Murmandamus kreischte, als hätte er eine schwere Verwundung erlitten, und taumelte kurz zurück. Er richtete sich auf, als Arutha den nächsten Schlag folgen ließ, und parierte ihn. Den Wahnsinn in den Augen umklammerte Murmandamus die Wunde und betrachtete die roten Spuren auf seiner Handfläche. Der Moredhel sagte: »Das ist unmöglich.«

Flink wie eine Katze schlug Arutha nochmals zu, und diesmal zog sich ein roter Strich über die nackte Brust seines Gegenübers. Arutha lächelte seinen Gegner kalt an, genauso grimmig, wie der Moredhel ihn zuvor angestarrt hatte. »Doch, es ist möglich, Sprößling des Wahnsinns«, sagte er. »Ich bin der Herr des Westens. Ich bin der Tod des Bösen. Ich bin dein Ende, Sklave der Valheru.«

Murmandamus knurrte vor Wut und ging zum Angriff über. Arutha wich nicht zurück; jetzt begann der Zweikampf erst richtig.

 

Pug.

Ich weiß.

Sie bewegten sich in Harmonie, woben ein Muster der Macht, errichteten ein Gitterwerk der Kraft gegen den Eindringling. Es war nicht so mächtig wie jenes, mit dem der große Spalt zu Zeiten der goldenen Brücke geschlossen worden war, doch der Spalt war auch noch nicht wieder geöffnet worden. Aber der Druck war zu spüren, und sie wurden geprüft.

Das Pochen an der Tür ließ nicht nach, und das Holz splitterte bereits. Plötzlich hörte man ein entferntes Donnern, das immer lauter wurde. Das Pochen brach für einen Augenblick ab, dann ging es weiter. Zweimal mehr erhob sich das Dröhnen, als käme es näher, und der Kampf lärm schien ebenfalls stärker zu werden. Dann erschollen draußen überraschte Schreie, und das Pochen des Rammbocks am Tor verstummte. Eine Explosion ließ die Halle erbeben. Jimmy sprang vor. Er schob die Klappe vor dem Guckloch zur Seite, und schrie de la Troville zu. »Laßt die Tür öffnen.«

Der Kommandant der Kompanie winkte seine Männer vorwärts, als der Kampflärm an seine Ohren drang, und es brauchte einige Kraftanstrengung, um das halbzerstörte Tor zu bewegen. Sie hoben es an, dann ließ es sich öffnen, und de la Troville und Jimmy rannten hindurch. In den Straßen vor ihnen kämpften Männer in hellen, bunten Rüstungen mit den Moredhel und Goblins. Jimmy rief: »Tsurani. Zum Teufel, es ist eine Armee der Tsurani.«

»Ist das wirklich wahr?« fragte de la Troville.

»Ich habe die Geschichten von Herzog Laurie oft genug gehört, und ich weiß, wie sie aussehen. Kleine Kerle, aber zäh, und sie tragen helle, bunte Rüstungen.«

Eine Gruppe Goblins vor der Festung drehte sich um und wich vor der größeren Kompanie der Tsurani zurück, und de la Troville führte seine Männer nach draußen und ging die Angreifer von hinten an. Jimmy eilte an ihnen vorbei und hörte erneut eine laute Explosion. Am Ende einer breiten Straße entdeckte er einen Magier in schwarzer Robe vor einem rauchenden Stapel Fässer und einem umgeworfenen Wagen, die eine Barrikade gebildet hatten. Der Magier begann mit einer Beschwörung. Einen Moment später löste sich ein Energiestrom von seiner Hand, der ein Ziel außerhalb von Jimmys Sicht traf und in der Ferne explodierte.

Dann ritt eine Kompanie Reiter heran, und Jimmy erkannte das Wappen von Landreth. Bei ihnen waren Kulgan, Meecham und zwei Magier in schwarzen Roben. Sie zügelten die Pferde und Kulgan stieg - für einen so stämmigen Mann sehr flink - ab. Er kam auf Jimmy zu, der ihn begrüßte: »Kulgan! Ich habe mich noch nie über jemanden so gefreut wie über Euch.«

»Sind wir noch rechtzeitig gekommen?« fragte Hochopepa. Jimmy hatte den Mann in der schwarzen Robe noch nicht kennengelernt, aber da er mit Kulgan zusammen erschienen war, ging er davon aus, daß er einigen Einfluß hatte. »Ich weiß nicht. Arutha ist vor einigen Stunden mit Pug, Macros, Tomas und einem Drachen verschwunden, wenn man Galains Bericht an du Bas-Tyra Glauben schenken darf. Guy und Amos Trask sind irgendwo da.« Er zeigte auf ein Kampfgetümmel in der Ferne und sagte: »Du Masigny und die anderen sind dort drüben, glaube ich.« Er sah sich um. Die Erschöpfung und die Müdigkeit standen ihm ins Gesicht geschrieben, und er konnte seine Stimme kaum noch unter Kontrolle halten, als er sagte: »Ich weiß nicht, wer alles noch am Leben ist.«

Kulgan legte Jimmy die Hand auf die Schulter und bemerkte, daß der Junge kurz vor dem Zusammenbruch stand. »Es ist gut«, sagte er. Mit einem Blick auf Hochopepa und Elgahar sagte er: »Du solltest besser nach drinnen gehen. Die Schlacht ist noch nicht zu Ende, fürchte ich.«

Jimmy fragte: »Wo sind die ganzen Dunklen Brüder? Vor einigen Minuten ... waren hier noch Tausende.«

Kulgan führte den Jungen fort, während die beiden Magier in den schwarzen Roben einer Gruppe von Tsurani-Soldaten befahlen, sie in die Festung zu geleiten, von wo immer noch Kampflärm zu hören war. Der Magier in der grünen Robe sagte zu Jimmy: »Zehn Magier der Versammlung haben sich zu uns gesellt, und der Kaiser hat einen Teil seiner Armee gesandt, so sehr fürchten sie das Eindringen des Feindes in unsere Welt. Wir haben ein Tor geöffnet, durch das man von Stardock hierher kommen kann, eine Meile vor der Stadt, wo Murmandamus es nicht sehen kann. Wir haben dreitausend Tsurani und fünfzehnhundert Reiter von Landreth und Shamata mitgebracht, und weitere kommen.«

Jimmy mußte sich setzen. »Dreitausend? Fünfzehnhundert? Davor laufen sie fort?«

Kulgan setzte sich neben ihn. »Und die Schwarzen Roben, deren Magie sie nicht widerstehen können. Und die Nachricht, daß Martin mit der Armee von Yabon, viertausend Männer weniger als eine Stunde entfernt im Nordwesten auf der Ebene steht. Und ich bin sicher, ihre Späher haben auch den Staub gesehen, der im Nordwesten aufwirbelt, wo die Soldaten von Finstermoor und Malac's Cross zusammen anmarschieren. Ihnen folgen Gardans Regimenter von Krondor. Und alle können die Banner der Wächter des Nordens im Nordosten sehen, und im Osten steht der König mit seiner Armee noch ein oder zwei Tage entfernt. Sie sind umzingelt, und sie wissen es.« Kulgans Stimme klang plötzlich nachdenklich. »Aber es muß noch etwas anderes geben, was sie entsetzt hat, denn schon während wir uns noch näherten, haben wir schon Haufen von Dunklen Brüdern gesehen, die in den Düsterwald flüchteten. Mindestens drei- oder viertausend sind uns entgangen. Viele von denen zwischen den Toren und hier kämpften ohne jede Ordnung, und andere fielen offensichtlich sogar unter den Klingen ihrer eigenen Brüder. Irgend etwas muß geschehen sein, was diese Armee genau im Moment ihres Sieges hat zusammenbrechen lassen.«

Dann kam eine Abteilung keshianischer Hundesoldaten in Sicht, die eilig auf den Kampflärm zurannten. Jimmy blickte den Magier an und lachte laut. Er zeigte auf die Hundesoldaten. »Anscheinend hat sich sogar Hazara-Khan angemeldet, was?«

Kulgan lächelte. »Er hatte angeblich zufällig in der Nähe von Shamata sein Lager aufgeschlagen. Er behauptet, seine Gegenwart in Landreth, als Katalas Nachricht eintraf, derzufolge die Garnison sofort nach Stardock kommen sollte, sei reiner Zufall gewesen, weil er mit dem Gouverneur von Shamata eine Verabredung zum Essen hatte. Und natürlich war es auch Zufall, daß seine Leute, angeblich nur Beobachter, innerhalb einer Stunde marschbereit waren.«

»Wie viele Beobachter?«

»Fünfhundert, alle bis an die Zähne bewaffnet.«

»Arutha wird als unglücklicher Mann sterben, wenn er Abdur nicht dazu bringt, zuzugeben, daß das Kaiserreich eine Geheime Polizei hat.«

Kulgan sagte: »Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, wie er herausbekommen hat, was in Stardock vor sich geht.«

Jimmy lachte belustigt. Er schniefte, als seine Nase lief, und lächelte: »Ihr macht Witze. Die Hälfte Eurer Magier kommt aus Kesh.« Er seufzte und lehnte sich zurück. »Aber es muß noch mehr dran sein, nicht wahr?« Er schloß die Augen, und Tränen der Erschöpfung liefen ihm über die Wangen.

Kulgan sagte: »Und Murmandamus haben wir immer noch nicht gefunden.« Er betrachtete die Tsurani-Soldaten, die auf der Straße herumeilten. »Solange das nicht passiert ist, wird es nicht vorbei sein.«

 

Arutha duckte sich vor einem rasenden Rückhandstreich und schlug selbst zu, doch der Moredhel sprang zurück. Arutha keuchte bereits, denn hier hatte er es mit dem geschicktesten und gefährlichsten Gegner zu tun, dem er in seinem Leben gegenübergetreten war. Er war unglaublich stark und nur wenig langsamer als Arutha. Murmandamus blutete aus einem halben Dutzend kleinerer Wunden, Schnitte, die einen normalen Gegner geschwächt hätten, ihm jedoch nur wenig auszumachen schienen. Arutha konnte daraus keinen Vorteil ziehen, denn die Schlacht und dieser Zweikampf jetzt hatten ihn an den Rand der Erschöpfung gebracht. Der Prinz mußte seine ganze Geschicklichkeit und Schnelligkeit einsetzen, um sein Leben zu schützen. Und er wurde zusätzlich dadurch eingeschränkt, daß er stets zwischen Murmandamus und den beiden Zauberern bleiben mußte, die mit ihren magischen Aufgaben beschäftigt waren. Der Moredhel brauchte sich darüber keine Gedanken machen.

Der Zweikampf war an einen Punkt gekommen, wo jeder der beiden Duellanten den anderen einschätzen konnte. Jetzt bewegten sie sich fast in Harmonie zueinander, jedem Hieb folgte eine Parade, jeder Reposte ein Zurückweichen. Beide waren schweißüberströmt, ihre Hände wurden rutschig, und das einzige Geräusch neben dem Klingen der Schwerter war das angestrengte Ächzen. Derjenige, der den ersten Fehler machte, würde sterben.

Dann erfüllte ein Schimmern die Luft, und für einen Augenblick wandte Arutha den Blick zur Seite. Murmandamus sah seine Chance gekommen und landete einen Schlag quer über die Rippen des Prinzen. Arutha keuchte vor Schmerz.

Der Moredhel holte aus, um nach Aruthas Kopf zu schlagen, doch als seine Hand nach vorn fuhr, traf sie auf ein unsichtbares Hindernis. Murmandamus riß die Augen auf, als Arutha vorwärts taumelte und seinem Gegner den Leib durchbohrte. Der Moredhel heulte vor Schmerz auf, wankte, stolperte rückwärts und riß Arutha dabei das Schwert aus der müden Hand.

Arutha stürzte nach vorn, doch zwei schwarzgekleidete Männer rannten auf ihn zu und hielten ihn fest. Arutha verschwamm alles vor den Augen, dann sah er wieder deutlich, erneut trübte sich sein Blick und schließlich war alles wieder so klar wie zuvor. Er sah, wie Murmandamus ihn anlächelte und mit flüsternder Stimme sagte: »Ich bin ein Geschöpf des Todes, Lord des Westens. Ich bin der ewige Diener der Dunkelheit.« Er lachte schwach, von seinem Kinn tropfte Blut und lief über das Drachenmal auf seiner Brust. »Ich bin nicht das, was ich zu sein scheine. Mit meinem Tod vollendet Ihr Eure eigene Vernichtung.« Er schloß die Augen und fiel zu Boden. Sein Todesröcheln erfüllte den Raum. Die beiden Männer in Schwarz sahen zu, wie aus Murmandamus' Körper ein seltsam scharfes Geräusch entwich. Die Gestalt auf den Steinen blähte sich auf, als würde sie plötzlich mit Luft aufgepumpt. Wie eine überreife Frucht platzte die Hülle von der Stirn bis zum Schritt auf und enthüllte einen grüngeschuppten Körper. Dicke schwarze Flüssigkeit und rotes Blut, Fleischklumpen und Eiter brachen aus der Hülse hervor, aus der Murmandamus bestanden hatte, während der grüngeschuppte Körper auf dem Boden zuckte wie ein Fisch auf dem Trockenen. In diesem schrecklichen Anblick erschien eine hellrot flackernde Flamme, und die Halle füllte sich mit dem Gestank der Fäulnis. Dann verschwand die Flamme, und an ihrer Stelle öffnete sich das Universum.

 

Macros und Pug taumelten, beide waren sich der neuen Entwicklung des Kampfes neben ihnen bewußt. Ihre ganze Aufmerksamkeit richtete sich jedoch auf jene Stelle zwischen den Universen, wo der Spalt begann. Jedesmal, wenn aus dem anderen Universum ein Schlag erfolgte, hielten sie ihre Energien dagegen. Der Kampf hatte vor einem Moment seinen Höhepunkt überschritten, und jetzt wurden die Schläge schwächer. Doch immer noch bestand große Gefahr, denn Pug und Macros waren erschöpft. Sie müßten ihre ganze Kraft aufwenden, um den Spalt zwischen den Universen geschlossen zu halten. Dann erfüllte Schmerz ihren Verstand, ein kreischendes Pfeifen ertönte und gab ein Signal. Aus einer anderen Ecke kam ein völlig unerwarteter Angriff, und Pug konnte nichts dagegen halten. Ein Wesen aus gefangenen Leben, die einen schrecklichen Tod gestorben und für diesen Augenblick aufbewahrt worden waren, flog auf den Spalt zu und tanzte dabei wie eine wahnsinnige, stinkende Flamme. Das Ding schlug gegen die Barrieren, die Pug errichtet hatte, und zerschmetterte sie. Es riß den Spalt auf und drang irgendwie in Pugs Wahrnehmung und in den Ort, wo der Kampf tobte. Pug fühlte sich leicht benebelt. Er hörte Macros' warnenden Ruf und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Spalt, der nun offenstand. Pug arbeitete verzweifelt, und aus einer tief verborgenen Quelle zog er die letzte Kraft, um die zerfetzten Säume des Stoffes zu greifen, der die Universen trennte. Der Spalt wurde mit Gewalt geschlossen. Wieder folgte ein Schlag, und Pug konnte ihn kaum abfangen, doch der Spalt hielt. Dann hörte er Macros' Warnung: Es kommt etwas durch.

 

Es ist etwas durchgekommen, hörte er Ryaths Warnung.

Tomas sprang vom Rücken des Drachen herunter und wartete hinter dem Stein des Lebens. In der Halle erhob sich eine tiefe und mächtige Dunkelheit, als wollte ein Alptraum feste Gestalt annehmen. Dann stand es vor ihm. Es war schwarz, zeigte weder Gesichtszüge noch feste Konturen, aber es war gegenwärtig, ein Wesen der Hoffnungslosigkeit. Seine Umrisse ähnelten denen eines Menschen, doch es war fast so groß wie Ryath. Es breitete seine schattenhaften Flügel aus und legte die Halle in eine Dunkelheit, die wie schwarzes Licht von ihm abstrahlte. Um seinen Kopf brannte wie eine Krone ein Kreis aus Flammen in einem wütenden Rotorange, ohne jedoch irgendein Licht abzugeben.

Tomas schrie Ryath zu: »Es ist ein Schreckenslord! Paß auf! Es stiehlt Seelen und frißt den Verstand!«

Der Drache bellte vor Wut und griff das riesige Alptraumwesen an, wobei er sowohl seine Magie wie auch seine Zähne und Krallen benutzte. Tomas sprang vor, doch ein weiteres Wesen betrat diesen Rahmen der Zeit.

Tomas zog sich in den Schatten zurück, während eine Gestalt, die er leibhaftig noch nie gesehen hatte, die er aber genausogut kannte wie Pug, in das Licht des Steins trat. Der Neuankömmling wich dem Kampf, der in der Halle tobte, aus. Mit schnellen Schritten bewegte sich die Gestalt auf den Stein des Lebens zu.

Tomas kam aus dem Schatten hervor und stand - jetzt sichtbar - vor dem Stein. Die Gestalt zögerte und stieß ein wütendes Fauchen aus.

Der Herr der Tiger, Draken-Korin, stand in seiner prächtigen schwarz-orangenen Rüstung vor einer Erscheinung, die er nicht begreifen konnte. Der Valheru schrie: »Nein! Das ist unmöglich! Du kannst nicht immer noch leben!«

Tomas' Stimme klang wie die von Ashen-Shugar, als er sagte: »Also bist du gekommen, um das Ende zu sehen.«

Der zurückgekehrte Drachenlord fauchte wie ein Tiger - was allerdings in den wütenden Kampfschreien von Ryath und dem Schreckenslord unterging -, zog das schwarze Schwert und sprang vorwärts. Zum ersten Mal in seinem Leben trat Tomas einem Feind entgegen, der die Macht hatte, ihn zu zerstören.

 

Die Schlacht ging dem Ende zu, das Heer von Murmandamus strömte aus der Stadt und floh auf den Düsterwald zu. Die Nachricht von Murmandamus' Verschwinden hatte sich wie ein Lauffeuer in Sethanon verbreitet. Dann waren - ohne vorherige Anzeichen und egal, wo sie sich aufhielten - die Schwarzen Kämpfer zusammengebrochen, als hätte ihnen jemand das Leben aus dem Leib gesaugt. Diese Tatsache hatte - in Verbindung mit der Ankunft der Tsurani und ihren Zauberern und den Berichten über weitere Armeen am Horizont - den Angriff zum Stehen gebracht. Ein Anführer der Moredhel nach dem anderen hatte seinen Clan zum Rückzug befohlen und die Schlacht verlassen. Ohne Führung wurden die Goblins und Trolle hingemetzelt, bis ihre immer noch größere Armee sich in Auflösung befand.

Jimmy eilte durch die Säle der Festung und suchte unter den Toten nach Bekannten. Er rannte die Treppe zur Mauer hinauf, von wo er den Hof vor der Festung überblicken konnte, und traf auf eine Gruppe von Tsurani, die den Weg versperrten. Er schlüpfte zwischen ihnen hindurch und sah, wie ein Heiler aus Landreth bei zwei blutenden Menschen stand, die an die Mauer lehnten. Amos stak noch immer ein Pfeil aus der Seite, doch er grinste. Guy war über und über mit geronnenem Blut bedeckt, und auf dem Kopf hatte er eine bösartig aussehende Wunde. Bei dem Schlag war auch das Band durchtrennt worden, das seine Augenklappe hielt, und man konnte die leere Augenhöhle sehen. Amos lachte und hustete dabei: »Hey, Junge, schön dich zu sehen.« Er sah sich auf der Mauer um. »Schau dir diese kleinen Pfaue an.« Er deutete mit der Hand schwach auf die prachtvoll gekleideten Tsurani- Soldaten, die mit starrem Gesichtsausdruck zusahen. »Verdammt, verdammt, aber sie sind das Schönste, was ich je gesehen habe.«

Dann hörte man von unten ein Knirschen, auf das ein die Seele gefrierendes, donnerndes Brüllen folgte, als wollte ein schreckliches Heer des Wahnsinns plötzlich der Hölle entfliehen. Jimmy sah sich verstört um, selbst bei den Tsurani war Überraschung zu bemerken. Ein Zittern erfaßte die Festung, und die Mauern begannen zu beben. »Was ist das?« schrie Jimmy

»Ich weiß es nicht, aber ich werde hier nicht warten, bis ich es herausgefunden habe«, meinte Guy. Mit einer Geste verlangte er Hilfe, damit er auf die Beine kam, nahm die ausgestreckte Hand eines Tsurani-Kriegers und erhob sich. Er zeigte auf einen Offizier der Tsurani, der einigen Männern befahl, Amos aufzuheben. Guy sagte zu Jimmy: »Befiehl allen, die noch am Leben sind, sie sollen die Festung verlassen.« Dann nahm das Beben unter ihnen zu, und Guy taumelte, während das Heulen immer mehr anschwoll. »Nein, sag jedem, der noch lebt, er soll die Stadt verlassen.«

Jimmy rannte über den Waffengang und machte sich zur Treppe auf.